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Frühförderungsverordnung

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Salomon,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister von Kirchbach,

sowohl Vertreterinnen der „Arbeitsgemeinschaft heilpädagogischer Praxen Südbaden e.V.“ wie auch die beiden Kindertagesstätten Violett und Kinderhaus des Diakonievereins Südwest sind in den letzten Tagen auf uns zugekommen, mit Fragen zu der Umsetzung der Frühförderungsverordnung des Landes Ba-Wü in Freiburg. Sie haben uns darüber informiert, dass die Stadt Freiburg beabsichtigt, zwei Frühförderstellen einzurichten und Verträge hierüber mit den beiden anvisierten Trägern AWO und Caritas abzuschließen.
Es sei in der Stadt Freiburg geplant, die beiden Träger der Frühförderstellen sowohl mit der Diagnostik, wie auch mit der interdisziplinären Therapie zu beauftragen – Kostenträger ist vor allem die Stadt Freiburg.
Entgegen des § 1.2 der Frühförderungsverordnung sei in Freiburg zudem geplant, dass auch alle Einzelleistungen zukünftig nur noch von den beiden Frühförderstellen erbracht werden können – zumindest diejenigen, die von der Stadt Freiburg als Kostenträger zu übernehmen sind.

Die „Arbeitsgemeinschaft heilpädagogischer Praxen“ befürchtet, dass alle Heilpädagogen, die nicht bei einem der beiden Träger beschäftigt sind, zukünftig massiv gut funktionierende Arbeitsbereiche verlieren werden. In einem Emailschreiben an Stadträte aller Fraktionen hat die Vertreterin der Arbeitsgemeinschaft Frau Piera Adragna bereits am 30.06.2015 ihre Bedenken formuliert:

Zitat: „Bis jetzt besteht in Freiburg ein gutes Netzwerk zwischen Institutionen wie Kindergärten, Heilpädagogischen Praxen, Kinderärzten, Logopäden, Ergotherapeuten … Über viele Jahrzehnte haben sich Strukturen herausgebildet, welche niederschwellig und wohnortnah den Kindern und deren Eltern einen Zugang zur notwendigen Frühförderung gewährleisten. Von Politik und verschiedenen Gremien wird Inklusion gefordert, so dass Kinder vor Ort die notwendige Unterstützung erfahren (sollen), wie z.B. Heilpädagogik im Kindergarten, Inklusiver Kindergarten etc.
In der Stadt Freiburg – so die Vertreter des Amtes für Soziales und Senioren – sollen nun die Kinder nur noch an den beiden Frühförderstellen die entsprechende Förderung erhalten. Die bisherige Niederschwelligkeit und Wohnortnähe ist damit nicht mehr gegeben. Gleichzeitig widerspricht dies der Idee der Inklusion und stellt somit eine gegenläufige Entwicklung zum aktuellen Gebot der Integration von Förderangeboten im Alltag des Kindes und der Familie dar. Der Zugang zu Fördermöglichkeiten für Kinder mit Behinderungen wird damit erschwert. Als Begründung wird dabei die neue Landesrahmenverordnung angeführt. Diese wurde jedoch in der Absicht erstellt, den Zugang zu erleichtern und ein niederschwelliges Angebot zu bieten.“

Die beiden Kindertagesstätten des Diakonievereins Südwest e.V. arbeiten seit über einem Jahrzehnt im Bereich der Frühförderung mit Heilpädagoginnen zusammen bzw. haben in ihren Einrichtungen seit Jahren Heilpädagoginnen beschäftigt. Die Frühförderung ist seit 2000 ein elementarer, fester Bestandteil der in den Stadtteil hinein wirkenden Kindertagesstätten bzw. Familienzentren Violett und Kinderhaus. Die beiden Einrichtungen befürchten nun, dass ihr über viele Jahre entwickeltes pädagogisches Konzept der Frühförderung von Kindern, durch eine Änderung der bisherigen Förderpraxis durch die Stadt Freiburg nicht mehr finanziert wird und damit obsolet ist.

Aus den oben geschilderten Informationen bzw. Sachverhalten ergeben sich für uns folgende Fragen:

  1. Wir bitten um Übersendung der mit den Trägern Caritas bzw. AWO ausverhandelten Verträge zu den Frühförderstellen.
  2. Wie viele Bewerbungen auf Einrichtung einer Frühförderstelle gab es in Freiburg? Mit welcher Begründung wurde der Antrag des Diakonievereins Südwest, eine Frühförderstelle in den Räumlichkeiten der Kita Violett einzurichten, abgelehnt? Mit welcher fachlichen Argumentation hat man sich auf zwei Frühförderstellen in Freiburg beschränkt und welche fachliche Argumentation führte zur Auswahl der beiden Träger Caritas und AWO?
  3. Ist es richtig, dass entgegen der Formulierung in der Frühförderungsverordnung zukünftig auch alle Einzelleistungen, bei denen die Stadt Kostenträger ist, nur noch von den beiden Trägern erbracht werden sollen? (Landesrahmenvereinbarung §1.2: „Die Erbringung von Einzelleistungen (wie Heilmittel nach § 32 SGB V oder (heil-)pädagogische Maßnahmen) ist nicht Bestandteil einer Komplexleistung und erfolgt daher nicht nach dieser Landesrahmenvereinbarung.)
  4. Ist tatsächlich geplant, die beiden Träger sowohl mit der Diagnostik, wie auch mit der Therapie der Klientinnen zu beauftragen? Mit welcher fachlichen Begründung wird die Diagnostik nicht getrennt von der Therapie beauftragt?
  5. Welchen Betrag verausgabte die Stadt Freiburg im Jahr 2015 für die Frühförderung und wie verteilte er sich auf die unterschiedlichen Anbieter? Wie werden sich die Kosten der Stadt für Frühförderstellen nach Abschluss der Leistungsvereinbarungen mit Caritas und AWO voraussichtlich entwickeln und wie werden sie sich zukünftig auf die Anbieter verteilen?
  6. Gab es Gespräche mit den Verbänden der HeilpädagogInnen zur Erläuterung der Neuregelungen bzw. über Möglichkeiten der Kompensation der erwarteten Einnahmeausfälle?
  7. Welche Maßnahmen sind geplant, damit Kindertagesstätten (vor allem inklusive Kindertagesstätten) bzw. Familienzentren in Freiburg ihre heilpädagogischen, logopädischen und ergotherapeutischen Angebote zur Frühförderung von Kindern nicht mit der Neuregelung beenden müssen?

Wir bitten darum, die Förderverträge vor Beantwortung unserer Fragen nicht zu unterzeichnen. Wir behalten uns auch vor, die Umsetzung der Frühförderungsverordnung in Freiburg in den gemeinderätlichen Gremien beraten zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen,

Maria Viethen
(Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen)

Martin Kotterer
(CDU-Fraktion)

gez. Gerhard Frey
gez. Nadyne Saint-Cast

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