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Anfrage: Tariftreue- und Mindestlohngesetz

Herrn Oberbürgermeister
Dr. Dieter Salomon
Rathaus
Freiburg, 18.05.2017

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

mit den Vorlagen G-10/121 und G-12/155 hat der Gemeinderat die wesentlichen Vorgaben
und auch Veränderungen der Vergabepraxis und der nachhaltigen kommunalen Beschaffung
zur Kenntnis genommen. Das Tariftreue- und Mindestlohngesetz für öffentliche Aufträge
in Baden-Württemberg vom 10.4.2013 hat zudem wichtige Vorschriften dazu von
Landesseite geschaffen. Eine Informationsvorlage zum Stand der Umsetzung der GR –
Beschlüsse war für Ende 2014 angekündigt worden. Das Thema “ Nachhaltigkeitsziele“,
auch zum Thema Vergabepraxis, steht nach Absetzung im Mai 2016 weiter auf der Agenda.
Wir bitten die Stadtverwaltung um eine Evaluation, was sich seit dem Inkrafttreten des Tariftreuegesetzes
2013 in der Vergabepolitik der Stadt sowie der städtischen Gesellschaften
bei Bau- und Dienstleistungen, im öffentlichen Personenverkehr u.a. verändert hat – dies
nicht zuletzt auch auf dem Hintergrund der bisherigen und der geplanten umfangreichen
Bau- und Sanierungsmaßnahmen.
1. Wie hat sich das Tariftreuegesetz ausgewirkt auf die Auswahl der AuftragnehmerInnen?
2. Welche Arbeitsbedingungen und Tarife gelten entsprechend bei den Postdienstleistungen, wie bei dem 2017 neu beauftragten Botendienst der Stadt, der Firma Velokurier?
3. Welche Kontrollen bzw. Kontrollmechanismen gibt es? Bei wie vielen Verstößen und wo (Bereich, Höhe des öffentlichen Auftrags) ermittelte die Fachabteilung Zoll gegen das Mindestlohngebot (8,50 Euro / 8.84 Euro seit 1.1.2017), im Bereich Schwarzarbeit, Vorenthalten von Sozialabgaben, Illegale Beschäftigung, Leistungsmissbrauch und Leistungsbetrug im Bereich Freiburg?
4. Welche Verstöße gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) wurden festgestellt, insbesondere bezüglich der Arbeitsbedingungen (einschließlich des Entgelts, Einhaltung der jeweiligen Tarifverträge), an die das Unternehmen gebunden ist?
5. Wurden entsprechend §6 LTMG von den beauftragten Unternehmen, bzw. von deren Nachunternehmen sowie Verleihunternehmen die erforderlichen Tariftreue- und Mindestentgelterklärungen
(bei Aufträgen ab 10.000 Euro) vorgelegt?
6. Wo und in welchem Umfang wurden Plausibilitätsprüfungen vorgenommen?
7. Ist die Einhaltung der Neuregelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) gewahrt bzw. Gegenstand zukünftiger vertraglicher Vergaben?
8. Findet eine gleiche Entlohnung der LeiharbeitnehmerInnen wie im Entleiherbetrieb statt?
9. Wo und wie viele LeiharbeitnehmerInnen werden in welchen Bereichen der Stadt und der städtischen Gesellschaften beschäftigt?
10. Ist es richtig, dass Leiharbeitsfirmen wie z.B. bei der Wentzinger-Schule 3,50 Euro/Std. zahlten? Entsprechende Äußerungen gab es in der Rede des Rektors bei der Eröffnungsveranstaltung.
11. Gilt in Freiburg die Stammpersonalklausel, d.h. bei einem Auftragswert bis 5.000.000 Euro mindestens 70% Ausführung im beauftragten Betrieb mit Stammpersonal?
12. In welchen Bereichen öffentlich erteilter Aufträge der Stadt sowie der städtischen Gesellschaften wurde Einblick in die Geschäftsunterlagen zu Umfang, Art, Dauer und tatsächlicher Entlohnung von Beschäftigungsverhältnissen genommen bzw. Nachweise dazu verlangt?
13. Gab es Sanktionen wie fristlose Kündigung von Aufträgen bzw. Ausschluss von Vertragsvergaben?
14. Wer führt insgesamt die Kontrollen durch und wem wird von den Ergebnissen berichtet?
15. Wo und in welchem Umfang haben diese Vorgaben und Kontrollen zu Kostensteigerungen geführt?

Mit freundlichen Grüßen
gezeichnet
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Gerhard Frey, stellv. Fraktionsvorsitzender

CDU Fraktion
Dr. Klaus Schüle, stellv. Fraktionsvorsitzender

SPD Fraktion
Renate Buchen, stellv. Fraktionsvorsitzende

Unabhängige Listen Fraktionsgemeinschaft
Ulrike Schubert, Stadträtin

JPG Fraktionsgemeinschaft
Lukas Mörchen, Fraktionsvorsitzender

Fraktionsgemeinschaft FL/FF
Prof. Klaus Rückauer, Stadtrat

Fraktion Freie Wähler
Dr. Johannes Gröger

FDP Stadträte
Nikolaus von Gayling, Stadtrat

Antwort der Stadtverwaltung vom 27. September 2017:

Evaluation zum Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG)
Sehr geehrte Damen und Herren,
bereits vor Einführung des LTMG gab es gesetzliche Mindestentgeltregelungen für einige Branchen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und Tarifver¬tragsgesetz (TVG) (z.B. Bauleistungen, Gebäudereinigung) und im Bereich Leihar- beiter_innen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Entsprechende Regelungen waren daher bereits vor Einführung des LTMG Bestandteil der städti¬schen Vertragsbedingungen, wonach die Bieter mittels Eigenerklärung auf die Ein¬haltung dieser Mindestentgelte zu verpflichten waren. Durch das LTMG gab es im Grunde nur eine neue bzw. zusätzliche Form der Verpflichtung. Seit dem 01.01.2015 gilt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) von z.Zt. 8,84 €/Std. brutto. Der vergaberechtliche Mindestlohn nach dem LTMG be¬steht z.Zt. in gleicher Höhe.
Durch den Bundeszoll erfolgen keine Kontrollen länderspezifischer Mindestlohnrege¬lungen, wie dem LTMG. Da der Mindestlohn nach dem LTMG (= länderspezifischer Vergabemindestlohn) jedoch bisher auch dem zum 01.01.2015 eingeführten allge¬meinen Mindestlohn nach dem MiLoG (= bundesgesetzliches Arbeitsrecht) ent¬spricht, ist seither indirekt eine Überprüfung der Einhaltung durch den Bundeszoll abgedeckt.
Beigefügt erhalten Sie die mit Schreiben vom 18.05.2017 erbetenen Antworten auf Ihre Fragen zu den Auswirkungen des Landestariftreue- und Mindestlohngesetz.
Mit freundlichen Grüßen
Beate Lorenz

Anmerkung der CDU-Fraktion: die Anlagen sind auf Nachfrage bei der CDU-Fraktionsgeschäftsstelle erhältlich.