Anfrage: Prüfung der Erforderlichkeit von Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen im Stadtgebiet Freiburg (interfraktionell)
Prüfung der Erforderlichkeit von Erhaltungs- bzw. Gestaltungssatzungen im Stadtgebiet Freiburg
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die unterzeichnenden Fraktionen beantragen zu prüfen, welche städtischen Gebiete Freiburgs für das Stadtbild hinsichtlich Baustruktur und Gebäudesubstanz so bedeutend und erhaltenswert sind, dass der Erlass einer Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB bzw. einer Gestaltungssatzung nach § 74 LBO Baden-Württemberg zur Sicherung bzw. Steuerung der jeweiligen städtebaulichen Qualität angezeigt erscheint.
Ein besonderes Augenmerk sollte vor allem auf die Gebiete gerichtet werden, bei denen erkennbar unverträgliche städtebauliche Entwicklungen absehbar sind, um mit diesem Instrumentarium mit den Bauantragstellern ins Gespräch kommen zu können und gegebenenfalls verträgliche Lösungen zu finden.
Weiter bitten die unterzeichnenden Fraktionen zu prüfen, inwieweit bei Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen der Aspekt des „Verbrauchs“ von „grauer Energie“ Eingang in die Entscheidungsfindung für einen Erhalt bzw. für einen Abriss und Neubau von Gebäuden finden könnte.
Im Speziellen bitten wir angesichts aktueller Abrissabsichten zu prüfen, ob die Erstellung einer Erhaltungs- und/oder Gestaltungssatzung für den Bereich beidseitig der Habsburgerstraße zwischen Tennenbacher-/Wölflinstraße und Rennweg/Okenstraße sowie für den Bereich des Annaplatzes, umschlossen von der Konrad-, Goethe-, Loretto- und Kirchstraße, ggfs. unter jeweiligem Einbezug beider Straßenseiten, aus städtebaulicher Sicht erforderlich und sachlich wie rechtlich begründbar wäre.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Karl-Heinz Krawczyk – Fraktionsgemeinschaft FL/FF
gez. Maria Viethen, Eckart Friebis – Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
gez. Wendelin Graf von Kageneck – CDU-Fraktion
gez. Renate Buchen – SPD-Fraktion
gez. Michael Moos – Fraktionsgemeinschaft UL
gez. Manfred Stather – Fraktion FW
Antwort der Stadtverwaltung vom 27. Februar 2018:
Sehr geehrte Frau Stadträtin, sehr geehrter Herr Stadtrat,
Herr Oberbürgermeister Dr. Salomon hat dem Dezernat V Ihr Schreiben vom 15.11.2017 mit der Bitte um Beantwortung zugeleitet.
Das Baudezernat begrüßt grundsätzlich Initiativen zur Erarbeitung von Satzungen, die dem Erhalt erhaltenswerter städtebaulicher Strukturen dienen. Schon länger gibt es im Baudezernat Überlegungen zur Abgrenzung bzw. den möglichen Inhalten solcher Satzungen. Eine vertiefende Bestandserhebung und Vorschläge zu konkreten Festsetzungen konnten jedoch aufgrund anderer Prioritäten noch nicht erarbeitet werden.
Immer wieder sorgt der Abriss von erhaltenswerter Bausubstanz mit stadtbildprägenden Qualitäten in Freiburg für berechtigte Diskussionen. Parallel dazu gab es eine Reihe von Bauanträgen für neue Gebäude, die aufgrund ihrer Kubatur und Baumasse negative Auswirkungen auf sensible bzw. erhaltenswerte Bereiche im direkten Umfeld gehabt hätten, weswegen von der Bauverwaltung ein Planungserfordernis gesehen wurde.
Während in den letztgenannten Fällen häufiger zum Mittel eines Aufstellungsbeschlusses für einen (einfachen) Bebauungsplan sowie in Einzelfällen zu einer Zurückstellung des Baugesuchs oder zu einer Veränderungssperre gegriffen wurde, stehen für die erstgenannten Fälle – sofern ein Objektdenkmalschutz nicht gegeben ist – folgende rechtliche Wege zur Verfügung:
- Erhaltungssatzung (§ 172 BauGB)
- Gestaltungssatzung (§ 74 LBO)
- eine Kombination beider Satzungen
Die „höchste“ Form des Schutzes stellt eine Denkmalbereichsatzung (Gesamtanlagenschutzsatzung gem. § 19 DSchG) dar, die es in Freiburg bisher nur für die Altstadt und die Gartenstadt Haslach gibt (die Gartenstadt ist in ihrer Gesamtheit ein Denkmal nach § 12 DSchG; es gibt hier aber keine Satzung gem. § 19 DSchG).
Nach einer Vorab-Betrachtung wäre für die Aufstellung von Erhaltungssatzungen Teilbereiche des Stadtgebietes zu prüfen. Gemeinsam mit den beteiligten Ämtern und den Denkmalbehörden wird das Stadtplanungsamt eine Klärung herbeiführen, welche Gebiete dies sein könnten und welche der Regelungsmöglichkeiten die jeweils am sinnvollsten anzuwendende darstellt und welche Ressourcen dafür erforderlich sind.
Ziel muss grundsätzlich sein, ein adäquates Instrumentarium für den Erhalt und eine angemessene Weiterentwicklung von städtebaulich bedeutsamen Einzelstrukturen und/oder von sensiblen Bereichen an die Hand zu bekommen. Die Prüfungen und Abstimmungen, auch mit den Denkmalbehörden, sowie weitere Untersuchungen und Begehungen werden Zeit beanspruchen, so dass kurzfristig noch nicht mit der konkreten Aufstellung von einzelnen Satzungen gerechnet werden kann.
Zunächst ist geplant, in einer der nächsten Sitzungen des Bau- und Umlegungsausschusses eine Informationsdrucksache vorzulegen.
Es sei aber bereits heute darauf hingewiesen, dass auch mit einer städtebaulichen Erhaltungssatzung keine Erhaltungsverpflichtung für jedes einzelne Gebäude im Geltungsbereich der jeweiligen Satzung festgeschrieben werden kann; eine Erhaltungssatzung ersetzt einen nicht gegebenen Denkmalschutz nicht. Die bisher gefassten Aufstellungsbeschlüsse sowie die dann auf dieser Grundlage erfolgten Beratungsgespräche mit Bauherrn und Architekten waren bereits häufig ein probates und zumindest in Teilen erfolgreiches Mittel, um unerwünschte Entwicklungen zu verhindern.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Prof. Dr. Martin Haag Bürgermeister