Neustrukturierungsprozess der Berufsschulen in Freiburg
hier: Anfrage nach § 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerhalb von Sitzungen
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die beruflichen Schulen in Freiburg weisen seit Jahren einen umfassenden Sanierungsstau auf. Das Amt für Schule und Bildung schlägt nun in seiner nicht-öffentlichen Drucksache ASW-20/001 vom November 2020 eine grundlegende Neustrukturierung der beruflichen Schulen der Stadt Freiburg vor, ohne zugleich eine Lösung für den Sanierungsstau aufzuzeigen.
Die Freiburger beruflichen Schulen sind insgesamt gut aufgestellt:
- hohes fachliches Ansehen bei Kammern und Ausbildungsbetrieben
- für den laufenden Betrieb auskömmlich ausgestattet
- jedoch erhebliche Mängel in der baulichen Substanz
Trotzdem ist es sicher richtig, dass vor dem Start der notwendigen großen Sanierung das gesamte berufliche Schulwesen in den Blick genommen wird, auch, um dadurch Synergieeffekte zu gewinnen. Es ist ebenso erstrebenswert, in diesem Zusammenhang die Schwerpunkte der einzelnen Schulen weiter zu stärken und ihre Profile zu schärfen. Am Ende müssen zugleich funktionsfähige Einheiten gebildet werden. Gegen diese Zielsetzung gibt es auch vonseiten der beruflichen Schulen grundsätzlich keinerlei Widerspruch.
Bei einer derart umfassenden Planung mit einer Neustrukturierung und umfassenden Sanierungen sind die Betroffenen jedoch rechtzeitig und angemessen zu beteiligen. Und dies sind in erster Linie die Schulen selbst – und nicht nur die von der Verwaltung genannten AkteurInnen ASB, Universität, Universitätsklinik, Regierungspräsidium, IHK und HWK. Die fachliche Expertise und das Wissen vor allem der Schulleitungen um die derzeit tatsächlichen Gegebenheiten dürfen nicht ungenutzt bleiben.
Bei einem solchen Prozess wird es am Ende auch um Veränderungen gewachsener Strukturen und um Personalverschiebungen gehen. Die Ankündigung solcher Schritte führt in jedem Fall und nachvollziehbar zu Ängsten und vielen Fragen, die es schnellstmöglich abzubauen und zu beantworten gilt.
Die Verwaltung hat leider jedoch mit ihrem Vorgehen den Eindruck erweckt, die Idee eines Gesundheitscampus ganz oben auf die Agenda zu setzen und alle anderen Schulen und Fachbereiche dieser Idee unterzuordnen. Die Schulen selbst fühlten sich überrumpelt und nicht eingebunden in diesen Prozess, der doch zuallererst sie selbst betrifft.
In der Folge gab es bereits Presseberichterstattungen wie auch Rückmeldungen vonseiten verschiedener Innungen und auch von betroffenen Schulen selbst.
Mittlerweile wurde das Kommunikationsproblem von der Stadtverwaltung zwar erkannt und erste Gespräche mit den betroffenen Schulen geführt. Dabei wurde aber offenbar deutlich vermittelt, dass die Eckpfeiler der Planungen nicht mehr verhandelbar seien, obwohl es eine Reihe von handwerklichen Fehlern gab, die in den Eckpunkten Eingang gefunden haben, die bei Einbeziehung hätten vermieden werden können.
Diese umfassende Umgestaltung bedarf eines transparenten Prozesses mit Beteiligung der Betroffenen nach dem Gebot der Fairness und der Begegnung auf Augenhöhe. Eine neue Struktur der beruflichen Schulen in Freiburg kann nicht, von oben am grünen Tisch entwickelt, diktiert werden. Nicht vermittelbar ist die Planung eines Musterzentrums als Leuchtturm bei gleichzeitigem Verzicht auf einen Sanierungsplan für alle anderen Schulen. Die dringlichen Sanierungsvorhaben, wie z.B. an der Max-Weber-Schule, dürfen nicht aufgeschoben werden.
Für die Profilierung der einzelnen Schulen müssen funktionsfähige Einheiten mit klarer inhaltlicher Zuordnung entstehen. Dazu muss die Expertise aller Akteure – insbesondere der Schulen – eingeholt werden. Der Prozess muss vertrauensvoll und sensibel vorangebracht werden. Der missglückte kommunikative Verlauf des bisherigen Vorstoßes und das sehr zeitnahe Ausscheiden der verantwortlichen Bürgermeisterin waren einer solchen Vertrauensbildung leider nicht dienlich.
Die unterzeichnenden Fraktionen halten es für das Gelingen der zukunftsfähigen Weiterentwicklung der beruflichen Schulen wichtig und sinnvoll, den holprigen Start mit einer soliden langfristigen Planung zu korrigieren, die auch unter Beteiligung externen Sachverstands erarbeitet wird. Gleichzeitig soll kurzfristig ein Sanierungskonzept für alle Beruflichen Schulen vorgelegt werden.
Der Planungshorizont für die Umstrukturierung der Beruflichen Schulen liegt, so die Verwaltung, bei 10-15 Jahren. Die angedachten Punkte der Neustrukturierung werden nach Darstellung der Verwaltung ohnehin erst in sechs bis sieben Jahren greifen.
Die unterzeichnenden Fraktionen bitten daher um die Beantwortung der folgenden Fragen:
- Welche konkreten Informationen zum geplanten Gesundheitszentrum sind vorhanden, insbesondere mit Blick auf das Zusammenwirken mit der Universitätsklinik und sich daraus ergebenden Verpflichtungen bzw. Vorteile?
- Wie sehen die aktuellen Pläne der Stadtverwaltung zum Gesamtkonzept aus? Wir bitten auch um Darstellung des zeitlichen Ablaufs und um eine zeitnahe Auflistung der entsprechenden Auswirkungen auf den Raumbedarf der einzelnen Schulen, auch unter Einbeziehung der derzeitigen Nebengebäude.
- Wie gedenkt die Stadtverwaltung mit bereits erfolgten „handwerklichen Defiziten“ im Konzept der Neustruktur der beruflichen Schulen im weiteren Verfahren umzugehen? Plant die Stadtverwaltung entsprechend beispielsweise
- grundsätzlich keine einzügigen berufliche Gymnasien, stattdessen funktionsfähige Einheiten zu bilden
- das ernährungswissenschaftliche Gymnasiums dem Biotechnologiebereich zuzuordnen und
- den Bereich der Umwelt nicht mit Heizung/Sanitär, sondern mit Elektrotechnik und Chemie zusammenzulegen?
- Wie sieht der konkrete Sanierungsplan der beruflichen Schulen für die nächsten Jahre aus?
- Inwiefern sind in all diesen Verfahren die aktuellen und relevanten Aspekte der regionalen Schulentwicklung mit dem Regierungspräsidium, den entsprechenden Landkreisen und den dualen Partnern wie der Kreishandwerkerschaft abgestimmt und deren Expertise berücksichtigt?
- Plant die Stadtverwaltung im weiteren Prozess eine angemessene Beteiligung aller Betroffenen, insbesondere der Schulen mit ihren Schulleitungen und Kollegien? Durch welche Maßnahmen soll dies geschehen?
Für Ihre Antworten bedanken wir uns bereits im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen,
Angelina Flaig Stefan Schillinger
Emriye Gül Julien Bender
Fraktionsgemeinschaft ESFA Fraktion SPD/Kulturliste
Dr. Klaus Schüle
Peter Kleefass
CDU-Fraktion
Claudia Feierling Gerlinde Schrempp
FDP&BfF-Fraktion FW-Fraktion