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Wohnraum für Obdachlose

Stadt sieht wenig Möglichkeiten, schnell Wohnraum für Obdachlose bereitzustellen.

Dr. Klaus Schüle (sozialpolitischer Sprecher) „Während unserer jährlichen Veranstaltung zur Situation von Obdachlosen in Freiburg im vergangenen Dezember machten unsere Podiumsgäste Veronika Lehmann, Simone Hahn und der Erste Bürgermeister Ulrich von Kirchbach, aber auch das Publikum und direkt Betroffene darauf aufmerksam, dass vor allem angemessener Wohnraum fehle. Gerade für besonders hilfsbedürftige Gruppen wie obdachlose Frauen besteht ein eklatanter Mangel an Kleinstwohungen. Als solidarische Stadtgesellschaft muss es unser Ziel sein, eben diesen Menschen zu helfen, die durch alle sozialen Raster und Hilfsnetze fallen.“

Wir haben daher bei der Stadtverwaltung nachgefragt, wie sie die Möglichkeiten einschätzt, für Obdachlose Wohnraum zu beschaffen und bereitzustellen. Dabei zeigt die Antwort der verschiedenen Fachämter, dass Vermarktung und Vergabe, Förderrichtlinien sowie ein geringes Angebot der Stadt einen sehr engen Rahmen setzen, um schnell mehr Wohnraum für Obdachlosen bereitzustellen. Ein überzeugendes und realisierbares Gesamtkonzept zur Wohnungslosen-Unterbringung könnte die städtischen Möglichkeiten in diesem Bereich erweitern und dabei helfen, sichere Räume für Obdachlose zu schaffen.

Die Antwort vom 11.04.2023 im Wortlaut:

Einzelanfrage nach § 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerhalb von Sitzungen


Wohnunterbringung von Obdachlosen in Freiburg

Sehr geehrte Frau Stadträtin,
sehr geehrter Herr Stadtrat,


wir kommen auf unsere Zwischennachricht vom 14.03.2023 zurück. Über die jährliche Veranstaltung der CDU-Fraktion zum Thema Obdachlosigkeit wurde die prekäre Situation im Anschluss an die Erstversorgung durch die Wohnungsnotfallhilfe deutlich. Ihre damit verbundenen Fragen können wir auf der Grundlage der Aufbereitung durch das Amt für Soziales (AfS), dem Amt für Liegenschaften und Wohnungswesen (ALW), Stadtplanungsamt (StPlA), Baurechtsamt (BRA), den Projektgruppen Kleineschholz und Dietenbach (PGK und PGD) sowie die Freiburger Stadtbau GmbH (FSB) im Folgenden beantworten:

1. Welche konkreten Maßnahmen werden seitens der Stadtverwaltung für eine dezentrale Unterbringung von Obdachlosen bei der Planung neuer Baugebiete vorgesehen?

Bezüglich der Baugebiete Kleineschholz und Dietenbach wären folgende Realisierungen denkbar: Die Vergabe der Grundstücke im Quartier Kleineschholz erfolgt im Rahmen eines Vermarktungskonzeptes als Konzeptvergabe an gemeinwohlorientierte Akteur_innen. Durch die Konzeptvergabe ist es möglich, dass sich ein Projekt beispielsweise mit dem Konzept „Unterbringung von Obdachlosen“ bewirbt. Im Zuge der Realisierung des neuen Stadtteils Dietenbach kann die dezentrale Unterbringung von Obdachlosen im Rahmen eins gesamtstädtischen Konzepts verfolgt wer-den. Allerdings ist die Unterbringung von Obdachlosen kein zulässiges spezifisches Ziel der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme im Sinne des § 165 BauGB und kann deshalb grundsätzlich nicht über die Sonderrechnung des neuen Stadtteils finanziert werden. Das Stadtplanungsamt ist im engen Austausch mit dem AfS und ALW. Aktuell werden neue Standorte auf städtischen Grundstücken gesucht.

2. Welche Möglichkeiten sieht die Bauverwaltung bei der Entwicklung neuer Baugebiete, geförderten Wohnungsbau sicher zu stellen und der Sozialverwaltung ein Belegungsrecht für die besondere Bedarfsgruppe der wohnungslosen Menschen einzuräumen?


Die Sicherstellung des geförderten Wohnungsbaus erfolgt über die Vermarktung und Vergabe der Grundstücke auf Basis von Vermarktungskonzepten. Dabei wird die ge-meinderätliche Beschlusslage – 50 % geförderter Mietwohnungsbau – zu Grunde ge-legt. Um eine Unterbringung wohnungsloser Menschen sicher zu stellen, muss bereits bedarfsgerecht im Rahmen der Vermarktung ein entsprechendes Erfordernis in Ko-operation mit der Sozialverwaltung aufgenommen werden. Eine Vergabe ist dann nur bei einem entsprechenden Angebot möglich. Die Absicherung von Belegungsrechten kann danach vertraglich erfolgen.

3. Welche Möglichkeiten sieht die Bauverwaltung, um kurzfristig die bereits beschlossenen 200 Kleinstwohnungen (im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus und mit Belegungsrecht für die Sozialverwaltung) zu realisieren und welche leerstehenden Objekte könnten vorübergehend auch für Wohnungslose verfügbar gemacht werden?


Die Bauverwaltung weist im Rahmen von Neuprojektierungen auf den Bedarf von Kleinstwohnungen hin. Ob diese dann schlussendlich dem AfS zur Verfügung gestellt werden, kann die Bauverwaltung nicht beeinflussen. Es wird jedoch regelmäßig der Kontakt zum AfS und ALW hergestellt
Nach Einschätzung der Zweckentfremdungsstelle im Baurechtsamt können kurzfristig keine leerstehenden Objekte für Obdachlose verfügbar gemacht werden. Bei Hinweisen auf einen Leerstand wird geprüft, ob ein gegen das Zweckentfremdungsverbot verstoßender Leerstand vorliegt. Ist dies der Fall, werden die Eigentümer_innen dazu bewegt, den Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen. Dabei können keine Vorgaben erfolgen, wonach der Wohnraum Obdachlosen zur Verfügung gestellt werden muss.
Somit gibt es baurechtlich keine Möglichkeit, leerstehende Objekte in privater Hand vorübergehend für Wohnungslose verfügbar zu machen.

4. Welche Möglichkeiten sieht die Liegenschaftsverwaltung bei der Vergabe von Grundstücken, gezielt Wohnungen im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus für die besondere Bedarfsgruppe der wohnungslosen Menschen zu fördern?


Im Rahmen von Vermarktungskonzepten und beispielsweise über das Instrument der Konzeptvergabe kann die Unterbringung von Obdachlosen ein Entscheidungskriterium darstellen. Ferner besteht auf Grundlage des aktuell gültigen Landeswohnraumförderprogramms die Möglichkeit, einzelne besondere Bedarfsgruppen zu fördern. Das aktuelle Programm VwV-Wohnungsbau BW 2022 sieht insbesondere eine Sonderbindung für Haushalte mit besonderen Schwierigkeiten bei der Wohnraumversorgung vor. Hierunter sind nach fachlicher Auffassung der Wohnraumförderstelle beim ALW auch wohnungslose Menschen zu subsumieren, wobei eine solche Sonderbindung objektbezogen und im Einvernehmen mit der Landesförderbank von der / dem Eigentümer_in des Objektes beantragt werden muss. Letztendlich entscheidet der Fördergeber (Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen und die L-Bank) im Einzelfall eines konkreten Förderantrags, welche Personengruppen unter diese Sonderbindung fallen.
Des Weiteren ist zu beachten, dass sich das Wohnraumförderprogramm sowie die dort vorgesehenen Sonderförderlinien ändern können. Beispielsweise war über mehrere Jahre eine Sonderförderung für Geflüchtete nicht mehr vorgesehen und wurde jüngst erneut aufgelegt. Eine Sicherstellung der gewährten Sonderbindung / Förderung wird in der Regel vertraglich und durch die Einräumung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Stadt Freiburg abgesichert, welche die Eigenschaft als Sozialmietwohnraum auch für einen möglichen Veräußerungsfall sicherstellt.


Mit freundlichen Grüßen


Ulrich von Kirchbach
Erster Bürgermeister